Früh am Freitag ging ich zum Ticketcenter, um Last-Minute-Tickets für die beiden Schlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau zu holen. Als Erster in der Schlange hatte ich noch die Wahl zwischen allen für Tagesgäste zur Verfügung stehenden Zeitfenstern, doch ich musste mich energisch dafür einsetzen, dass wir Tickets ohne eine unnötig lange Pause zwischen den Schlössern erhielten – diese werden wohl verkauft, um den Touristen das Verweilen in einem der Cafés schmackhaft zu machen… Im Allgemeinen gibt es zu sagen, dass sowohl die Tickets für das Schloss und alle in der Nähe liegenden Services sehr teuer scheinen und die Touristen wenig überraschend stark zur Kasse gebeten werden.
Nach einem guten Frühstück im Hotel deponierten wir unser Gepäck und unsere Fahrräder im Hotel und gingen zu Fuss den steilen Weg hinauf zum Schloss Neuschwanstein.
Sobald wir auf den grösseren, geteerten Weg zum Schloss hoch kamen, gab es definitiv kein Entrinnen mehr vor den anderen Touristen, welche teilweise mit Pferdewagen den kurzen Weg hochkutschiert wurden (Amerikaner sollten das Schloss ja auch besuchen können!).
Die imposante Grösse des Schlosses wurde bei näherer Betrachtung noch offensichtlicher als zuvor. Gleichzeitig schien uns die Fassade eher grob und «Disney-like» gestaltet, zumindest von aussen. Ludwig II. wollte ja eine Art Ritter-Märchen-Schloss haben und war zudem stark beeinflusst von den Sagen, welche Wagner in seinen Opern vertont hatte, woraus sich eine kuriose Stil-Mischung ergibt. Nur das Grösste und Prunkvollste war dem 18-Jährigen gut genug: Durch seinen Bauwahn zog er den Staat dermassen in den Ruin, dass er schlussendlich entthront wurde. Durch seine Megalomanie angetrieben, konnte Ludwig II. wohl einige geschichtliche «Details» gut ausblenden, wie etwa die Tatsache, dass die mittelalterlichen Ritter weder über fliessendes Wasser noch über eine Zentralheizung verfügten. Ebenso gut können die Touristen aus Fernost, den USA und anderen Ländern die etwas grobe Bauweise der Fassade ausblenden, oder, anders gesagt, schauen diese gar nicht an, da diese ohnehin lediglich als Dekor für die abertausenden Selfies hinhalten muss…
Nachdem wir uns den Aussenbereich angeschaut hatten, reihten wir uns in die Schlange für unsere relativ kurze Führung ein. Mit Audio-Guide ausgestattet, wurden wir mit mehreren Dutzend anderen Leuten durch verschiedene Räume, Korridore und Wendeltreppen geschleust. Die prachtvolle Ausgestaltung und die vielen kuriosen oder amüsanten Details gaben uns ein Gefühl davon, was sich Ludwig II. wohl erträumt haben könnte. Leider blieb auf der Führung kaum Zeit, um sich die Wandbilder, Möbelstücke oder Dekorationen im Detail anzuschauen.
Nach einer halben Stunde war die Führung dann schon zu Ende und wir gingen zum Ausgang – die zahlreichen und über mehrere Räume verteilten Souvenir-Shops gaben uns einen guten Eindruck davon, wozu – nebst Selfies – Platz geschaffen wird im Programm der meisten Touristen…
Dann gingen wir noch ein Stück weiter den Weg hoch, um die berühmte Aussicht auf das Schloss von der Marienbrücke aus zu geniessen.
Durch den Wald ging es dann wieder runter auf direktem Weg zum Schloss Hohenschwangau, welches sich mit viel weniger Touristen und beeindruckenden historischen Räumen und Exponaten als eigentliche Hauptattraktion von Hohenschwangau entpuppte. Leider ist es in beiden Schlössern nicht erlaubt, Fotos vom Innern zu machen. Nebst dem Innern lohnt sich jedoch auch der Besuch der umgebenden Gärten des Schlosses sehr: diese wirken etwas mediterraner als die Umgebung des Schlosses Neuschwanstein, wohl auch aufgrund der exotischen Pflanzen und der freundlichen dunkelgelben Fassade des Schlosses Hohenschwangau.
Nach den beiden Schlossbesuchen stärkten wir uns noch mit einem kurzen asiatischen Mittagessen und (hohen-)schwangen uns danach auf unsere Fahrräder, um uns auf den Weg zu einer weiteren Hauptattraktion von Bayern zu machen, der Wieskirche, welche als Perle der Rokoko-Architektur auf der UNESCO-Welterbe-Liste aufgeführt ist.
Nach einer schönen Fahrt über hügelige Felder legten wir im nicht besonders schön klingenden Bad Kohlgrub in einem einfachen und guten Hotel Rast ein.
Wow, leider haben wir diese Kirche nie gesehen…Es ist unglaublich, all diese Schätze in Kirchen und Schlössern. Wie haben wohl die einfachen
Menschen zur damaligen Zeit gelebt?